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15.11.2003
Ray nimmt Abschied


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Die Schmidt-Show als Aquarium. Die Kulisse ändert sich nicht, die Fütterungsrituale haben sich eingespielt, manchmal stirbt ein Fisch und wird durch einen neuen ersetzt. Der dicke Fisch schnappt manchmal nach dem kleinen gelben. Das Becken wird nicht verlassen, es kommt selten Besuch. Bedrückende Stille und entspannte Langeweile.

Es ist Zeit für mich, sich von der HSS zu verabschieden. Eigentlich mag ich diese schwülstigen Ankündigungen und Verabschiedungen nicht, doch die HSS war mir in den letzten acht Jahren wirklich ans Herz gewachsen.

Die ersten Jahre waren hart. Niemand mochte die HSS, doch mir als jemand, der von MAZ ab über Pssst, VSP, Gala-Abende und Schmidteinander zu einem Schmidt-Anhänger herangewachsen war, konnte dies nicht erschüttern. Der Dirty-Harry der ersten Jahre war sicherlich nicht der Schmidt, den ich vorher mochte. Die HSS versuchte eine Late-Night-Show zu sein und niemand war damit so recht glücklich. Schmidt fühlte sich in dieser Rolle sichtlich nicht wohl, konnte seinen kabarettistischen Hintergrund nicht ausleben.

Im Laufe der Zeit hatte sich dann jedoch das Format gefunden, das zwar weiterhin den Stempel "Late-Night" trug, doch deutlich schmidtsche Prägung hatte. Und gab eine gesunde Mischung aus Standup, Schmidt pur, Einspielern und zwei Gästen. Abwechslung aber auch Kontinuität. Die beste Zeit vielleicht. Und es tauchte mit Andrack ein Sidekick auf, nicht der klassische Sidekick der amerikanischen Late-Night, nein eher ein netter, biederer, zurückhaltender Buchhalter, seiner Zeit von Sat.1 als Aufpasser nach Köln geschickt. Andrack taute im Rahmen des Bier-Jahres sichtlich auf, wurde selbstbewusster und lustiger. Schmidt hatte einen endlich einen Mitspieler auf der Bühne gefunden, eine Rolle die Zerlett nicht leisten wollte oder konnte. Ja, gewissermaßen einen neuen Feuerstein.

In einem Interview sagte Schmidt sinngemäß, irgendwann hätte man gemerkt, dass die Redaktionssitzungen doch immer viel lustiger als die Sendungen seien und ergo diese doch in die Sendung verlegen sollte. Ein fataler Entschluss und doch geschah es. Der neue Feuerstein im Gewande des Andrack und seines Zeichens Redaktionsleiter brachte sich nun mehr und aktiv in die Sendung ein, statt wie bisher hinter den Kulissen zu wirken. Ob er es nun selbst oder Schmidt bewusst oder unbewusst war - Andrack ging in seiner Rolle als Mann an der Seite von Harald Schmidt soweit auf, dass er sich auch das Attribut "Chefautor" von Feuerstein aneignete. Schrittweise wurden die schon zu dieser Zeit raren Elemente einer Late-Night-Show zurückgefahren. Der Standup schrumpfte auf eine Minimum und Einspieler wurden komplett gestrichen. Die viel zitierte Verona exisitierte nicht mehr. Was redaktionell bisher vorbereitet wurde, wird nun in der Show selbst ausgetragen. Unreflektiert, unvorbereitet und inzestuös reduziert auf das Ensemble der HSS. Natalie, Sven und Suzana statt Rütten und Kabelka. Laientheater statt solides Handwerk. Das bei redaktioneller Arbeit und Produktion der Einspieler eingesparte Geld wurde nun direkt in das Publikum investiert, als Belohnung für die Füllung der Sendezeit durch kleine Kunststückchen, such einfach nur zum Affen machen oder dumm in die Kamera glotzen. Fünf Minuten Füllung der Sendezeit für 300 EUR - da kann eben kein siebenköpfiges Autorenteam mithalten.

Der Humor selbst, sofern er noch aufzuspüren war, wurde biederer und hausbacken. Das Publikum, nun irgendwo zwischen geldgeilen Raab-Fans und Kegelclub-Touristen zu suchen, hatte sich gewandelt. Die Frage nun - wo ist Schmidt jetzt eigentlich? Ist er Gast in seiner eigenen Show, deren Richtung er inzwischen nicht mehr bestimmt? Schmidt allein trägt immer für ein paar Minuten, selbst wenn man ihm unvorbereitet eine Magnettafel oder einen Playmobil-Aufbau hinstellt oder läuft noch mal zu großer Form auf, nachdem sich Flugzeuge in Hochhäuser bohren. Aber letztendlich ist er in einer passiven Rolle, von Programmpunkt zu Programmpunkt von Andrack getrieben. Schmidt fühlt sich Andrack vielleicht intellektuell und humoresk überlegen, doch spielt er diese Überlegenheit nicht mehr aus, nimmt das Heft nicht in die Hand; er ist sogar Gefangender in seiner eigenen Sendung.

An diesem Schauspiel möchte ich nicht mehr teilnehmen.

Die Show trägt noch seinen Namen, doch es ist sicher nicht mehr die Show von Harald Schmidt.

Auch diese Gruppe spiegelt den Wandel sehr schön wieder. Entbrannten früher nach jeder Sendung noch lange Diskussionen (meist mit Veronas Humorverständnis als Aufhänger) regiert und Belanglosigkeit und Langeweile. Warum über etwas diskutieren, was so belanglos war, dass man es nach ein paar Minuten wieder vergessen hat. Die Sonntagsfrage zu beantworten fällt so sichtlich schwerer.

Die Presse sprach lange noch über Schmidt als "Dirty-Harry" als dieser es schon lange nicht mehr war und hörte erst damit auf, als Schmidt selbst der Kragen platze. Und der Feuilleton wird genauso festhalten an der guten alten Zeit, als Anspruch und Humor gemeinsam ein Zuhause in der HSS hatten, bis Schmidt ihm erklärt, dass er seine Show inzwischen selbst nicht mer ertragen könne.

Tschüß Show, Raymond (*tränewegdrück*)

P.S.:
Cc: redaktion@bonito-tv.com
Cc: info@aquarienfreunde.de
Cc: info@amnesty.de

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Raymond Scholz am 15.11.2003 in <dafh.87n0axrcp7@hush.zonix.de>



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